Der neue Anbau zum Stadtcasino Basel stammt von den beiden Basler Star-Architekten Herzog & de Meuron. Ob man sehe, dass ein Bau von ihnen sei, interessiere sie nicht, sagt Jacques Herzog. Chef sei der alte Musiksaal.
SRF: Jacques Herzog, mögen Sie klassische Musik?
Jacques Herzog: Ja, sehr. Aber ich bin kein Musikkenner.
Muss man für ein solches Projekt klassische Musik mögen?
Nein. Diese Frage bekommen wir Architekten immer gestellt – egal, ob wir ein Museum oder ein religiöses Gebäude bauen. Man muss sich aber als Architekt auf andere Menschen und ihre Wünsche einlassen können.
Beim Stadtcasino Basel mussten Sie sich auf viele Wünsche einlassen: Der alte Musiksaal sollte die gute Akustik behalten, der neue Anbau durfte den Nachbargebäuden nicht zu nah kommen und nicht den Barfüsserplatz dominieren wie einst der futuristische Entwurf von Zaha Hadid, den das Basler Stimmvolk 2007 abgelehnt hat. Wie sind Sie an diese Aufgabe herangegangen?
Der Zaha-Hadid-Entwurf hat den alten Musiksaal wie ein riesiger Krake fast zum Ersticken gebracht. Uns war aber klar: Der alte Musiksaal muss der Chef sein. Er ist das architektonische Juwel. Deshalb haben wir sein Volumen in den Platz hinein vergrössert und ihn vom 1930er-Jahre-Bau abgetrennt.
Durch die neue Gasse entsteht Luft zum Barfüsserplatz, der Musiksaal ist jetzt erstmals als eigenständiges Gebäude wahrnehmbar. Das ist städtebaulich eine komplett neue Situation.
Die Fassade des neuen Anbaus setzt die Optik des alten Musiksaals nahtlos fort. Warum zeigen Sie nicht deutlich: Das hier ist Herzog & de Meuron?
Es interessiert uns überhaupt nicht, dass man uns erkennt. Wir stellen den Musiksaal ins Zentrum und als Konsequenz daraus übernehmen wir auch seine Formensprache. Neu ist aber das gesamte Konzept für diesen Ort.
Die Fassaden von Musiksaal und Anbau sehen gleich aus, sind aber aus unterschiedlichen Materialien: aus Stein und Holz. Spielen Sie hier mit optischer Täuschung?
Ja, es ist natürlich ein Spiel. Imitation und «Fake» sind aber auch ein legitimes Thema der Architektur: Auch die Marmorsäulen im Inneren des alten Musiksaals sind in Wahrheit bemalte Holzsäulen.
Uns gefiel auch die Idee, dass das Holz den Aspekt des Puppentheaters, den der Bühne aufgreift. Diese neuen Foyers sind eine Bühne für die Menschen, für das Publikum.
Haben Sie deshalb den neuen Eingangsbereich des Stadtcasinos im Inneren so mondän gestaltet – um den Auftritt des Publikums richtig in Szene zu setzen?
Im Inneren ist eine Architektur entstanden, die eine Mischung ist aus dem 19. Jahrhundert, l'Opéra Garnier Garnier, Paris, Wien und Beate Uhse – in dem Sinne, dass es einen anspringt durch eine sinnliche, weiche, organische Sprache, die den Menschen ins Zentrum setzt.
Das ist das Interessante: Das Haus erscheint aussen als Einheit, aber im Inneren gibt es ganz individuelle Orte.
Wer das Stadtcasino betritt, findet ein helles Entrée für den Auftritt im Abendkleid, kleine Nischen zum Plaudern, heimliche Fenster zum Schauen, wer noch alles da ist. Ist das eine bewusste Stärkung der gesellschaftlichen Funktion des Konzertbesuchs?
Es ist ganz wichtig, dass diesem Aspekt der Performance im öffentlichen Raum eine Bühne gegeben wird. Danach haben die Menschen Sehnsucht.
Das Gespräch führte Jenny Berg.
August 24, 2020 at 09:58PM
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Neuer Musiksaal in Basel - Star-Architekt Herzog: «Eine Mischung aus Oper und Beate Uhse» - Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)
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Architekt
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