Voller Einsatz: In der 24. Minute rückte Lena Oberdorf ihre Schutzmaske zurecht, die sie nach einer Jochbeinverletzung tragen musste. Die 19-Jährige im Trikot des VfL Wolfsburg hatte kurz zuvor im Zweikampf gegen die Münchnerin Sarah Zadrazil hingelangt, aber Oberdorf bekam auch den Arm der Bayern-Spielerin ins Gesicht. Sie teilte aus und steckte ein, Oberdorf schüttelte sich kurz, aber dann ging es für sie im DFB-Pokalhalbfinale weiter. Dann machte Lena Oberdorf mit ihren Teamkolleginnen weiter Jagd auf das Team, das gerade dabei ist, die dominierende Rolle im deutschen Fußball der Frauen zu übernehmen. Es war eine erfolgreiche Jagd.
Ergebnis des Spiels: Noch ist mit dem VfL Wolfsburg zu rechnen. Das Team setzte sich im Pokalhalbfinale in der heimischen Arena 2:0 (2:0) gegen die Münchnerinnen durch. Für sie war es die erste Pleite nach 26 Pflichtspielsiegen in Serie. Die deutsche Meisterschaft dürfte dieses Jahr an den FC Bayern gehen, aber im Pokalfinale steht nun der VfL Wolfsburg. Der Gegner am 30. Mai in Köln ist Eintracht Frankfurt.
Gleich mal kräftig durchschütteln: Der VfL ging mit einer Vorgeschichte in die Partie, erst am Mittwoch hatte das Team 0:3 gegen den FC Chelsea in der Champions League verloren. Das Aus in der Königsklasse, es war deutlich und schmerzhaft, ein Klassenunterschied. Aber die Wolfsburgerinnen ließen sich von dem K.-o.-Schlag unter der Woche nichts anmerken: Der VfL trat dominant gegen den FC Bayern auf, kombinierte schnell nach vorne und in der 13. Minute erzielte Alexandra Popp bereits die Führung nach einem feinen Angriff (den Popp selbst eingeleitet hatte).
Überall zu finden: Sie lief viel und lauerte fast überall, sie war im Strafraum anspielbar und holte Bälle aus der eigenen Hälfte: Alexandra Popp, 29, hat einst ihre Laufbahn als Stürmerin begonnen, vor der WM 2011 titelte die »Bild«–Zeitung über Popp, damals erst 19, dass sie Deutschlands größte »Sturm-Hoffnung« sei. Inzwischen ist Popp eine Überall-Spielerin, »die Abwehrspielerin, Mittelfeldspielerin und Stürmerin« (so steht es auf ihrer Wikipedia-Seite) sorgte gegen die Münchnerinnen für Sicherheit, aber auch für Gefahr, wie bei ihrem Führungstreffer oder einer weiteren Großchance in der 35. Minute. Aber ihr Tag endete bitter (siehe weiter unten).
Hallo, FC Bayern? 17 Siege in 17 Ligaspielen, 68 Treffer erzielt, nur drei Gegentore kassiert, Platz eins in der Bundesliga, zudem qualifiziert für das Halbfinale der Champions League – die Rolle des Favoriten lag eigentlich aufseiten der Münchnerinnen. Aber das Team von Trainer Jens Scheuer kam kaum zur Ruhe, konnte nie wirklich kontrolliert das Spiel aufbauen, Wolfsburg war giftig und störte den Gegner sofort. Von Toptorjägerin Lea Schüller und ihren Teamkolleginnen sah man nicht viel.
Die Belohnung: Wie lange halten sie das Pressing wohl noch aus, fragte man sich angesichts des Kraftakts der Wolfsburgerinnen. Die Antwort: lang genug. Und das sollte belohnt werden. Das 2:0 für die Wolfsburgerinnen gelang noch in der ersten Hälfte durch Ewa Pajor (45.+2). Wie schon beim 1:0 hatte Svenja Huth den Pass in den Strafraum gespielt.
Die Reaktion der Bundestrainerin: Karl-Heinz Rummenigge hat eine Neuausrichtung des deutschen Fußballs der Frauen angeregt. Der Bayern-Boss brachte eine neue, eigene Organisation für die Fußballerinnen ins Gespräch – raus aus dem DFB, aber auch nicht hinein in die DFL, die den Männerfußball organisiert. Martina Voss-Tecklenburg, in der Halbzeitpause in der ARD zu Gast, sagte: »Ich freue mich darüber, dass Karl-Heinz Rummenigge sich jetzt auch für den Frauenfußball interessiert.« Aber ob die Idee von Rummenigge eine gute ist? Da wich die Bundestrainerin eher aus. Tenor: Man benötige alle Partner, um den Fußball der Frauen voranzubringen. Den DFB, die DFL, die Wirtschaft, die Medien, die Politik.
Nach dem Seitenwechsel: Es war nicht mehr so intensiv wie in der ersten Hälfte, die Kräfte der Wolfsburgerinnen ließen nach. In der 72. Minute ging Pajor vom Feld, ausgepumpt und müde, wegen einer Knieverletzung war sie monatelang ausgefallen. Der VfL verteidigte ohne sie bis zur letzten Minute bravourös.
Bittere Abgänge: Eine Rettungstat von Popp in der 83. Minute sollte böse enden. Sie hatte gerade den Ball aus dem Strafraum schießen wollen, da erwischte Amanda Ilestedt sie mit voller Wucht am Bein, Popp musste verletzt vom Platz geführt werden. Ilestedt sah für die völlig übertriebene Aktion lediglich die Gelbe Karte. In der Schlussminute kassierte Bayerns Boye Sörensen wegen einer Notbremse die Rote Karte, und damit war der gebrauchte Tag der Münchnerinnen endgültig perfekt.
Ausblick: Trainer Stephan Lerch hat seinen Vertrag in Wolfsburg nicht verlängert, Lena Goeßling wird sich von den Wolfsburgerinnen nach zehn Jahren verabschieden. Die Leistungsträgerinnen Ingrid Engen und Fridolina Rölfo gehen ebenfalls. Der Klub befindet sich in einem Umbruch, aber er muss sich nicht sorgen. Mit Spielerinnen wie Oberdorf hat der VfL auch in Zukunft eine starke Auswahl. Und noch läuft ohnehin die aktuelle Saison, die mit dem möglichen Pokalsieg veredelt werden kann.
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