Zauberhaft - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Jeder Tag lehrt die Wahrheit des sogenannten dritten Gesetzes, das vor dem britischen Science-Fiction-Schriftsteller Arthur C. Clarke allerdings schon andere gedacht und sogar ähnlich formuliert haben: Jede ausreichend entwickelte Technik ist von Magie nicht zu unterscheiden. Da ploppt im Netz urplötzlich die Frage hoch, ob man nicht Einwegwindeln der Größe M für die Haushündin bestellen will. Was, nota bene, zuvor noch nie zur Lieferung frei Haus getan wurde. Wie ertappt stellt man fest: Die Windeln stehen tatsächlich schon für den nächsten Samstag auf dem handgeschriebenen Einkaufszettel an der Kühlschranktür. Zauberei?

Wohl kaum, sondern höchstwahrscheinlich die Auswertung irgendeiner längst vergessenen Preisabfrage und ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen. Doch nicht nur Digitaltechnik und magisches Denken vermengen sich allenthalben. Da ist der Freund, der vor jedem Start seines Turbodiesels auf die Cockpitabdeckung über dem Tacho klopft. Angeblich befördert das den runden Lauf. Kurios: Dies lässt sich durch Unterlassen des Klapses beweisen. Gräulich unrund stottert der Motor los. Dass einem zwecks Schärfung der Küchenmesser zu nichts anderem als Naturstein, Belgischen Brocken, geraten wird, fällt wohl noch unter die Kategorie Hausmittel.

Aber mit der Wahl der Schmierung unserer Fahrradkette landen wir wieder mitten im Schamanismus. Der Fachhändler als Medizinmann rät zu einer trockenen Flüssigkeit, was dem schlichten Gemüt schon an sich als ein Paradox erscheint. Die Versprechungen auf dem teuren Fläschchen sind enorm. Tatsächlich scheint die Kette geschmeidiger und leiser zu laufen. Das stürzt in erkenntnistheoretische Abgründe: Ist es bloße Einbildung? Wirken da wirklich Nanopartikel? Liegt es am Aufpinseln der Lösung? Oder nur daran, dass vor Applizierung der Wundermilch eine gründliche Tiefenreinigung der Kette vollzogen werden musste?

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