Während das Justizministerium es nicht für ein allzu großes Problem hält, dass der überwiegende Teil der Richter und Staatsanwälte keine VPN-Zugänge hat, gibt es aus den Kreisen der Staatsanwälte heftige Kritik an dieser Situation. "Das ist wirklich nicht zufriedenstellend", erklärte Holger Pröbstel, Vorsitzender des Thüringer Richterbundes. Die Organisation vertritt die Interessen von Richtern und Staatsanwälten im Land. "Da ist die Justiz hinten dran", so Pröbstel.
Der Jurist berichtet zudem von Problemen bei den wenigen bestehenden VPN-Zugängen am Landgericht Erfurt, wo er selbst tätig ist. "Die haben einfach drei Tage lang nicht funktioniert", schilderte Pröbstel. Dazu kämen verschiedene Datenschutz-Probleme mit den Dienstlaptops der Juristen.
So berichtete beispielsweise ein Staatsanwalt, der nach eigenen Angaben über keinen VPN-Zugang für seinen Dienst-Laptop verfügt, wegen der aus seiner Sicht mangelhaften technischen Ausstattung könne er von zu Hause aus seine Dienst-E-Mails nicht lesen. Auch sei es ihm nicht möglich zu prüfen, ob Beschuldigte bereits Vorstrafen hätten oder es zu einem Verfahren Gegenanzeigen gebe. Die Bearbeitung etwa von Zeugenladungen sei ebenfalls nicht möglich, weil dazu der Zugriff auf eine Software nötig sei.
In den Sommermonaten sei viel wertvolle Zeit verloren worden, in der die VPN-Zugänge hätten eingerichtet werden können, heißt es bei den Juristen. Dies sei unverantwortlich. Denn trotz Corona ließen sich in einem Rechtsstaat viele persönliche Kontakte nicht vermeiden. Sie seien auch derzeit regelmäßig stundenlang mit anderen Menschen in oft schlecht zu lüftenden Gerichtssälen.
Beim Beginn des "Jungsturm"-Prozesses gegen mutmaßliche Hooligans am Landgericht Gera im November war das besonders deutlich geworden. Damals hatten sich in einem großen Gerichtssaal neben den vier Angeklagten mit je zwei Rechtsanwälten, zwei Staatsanwälte, drei Richtern und mehreren Schöffen auch noch etwa ein Dutzend Polizisten und Justizwachtmeister im Raum aufgehalten - plus zahlreiche Zuschauer.
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