Es werden noch viele Monate vergehen, bis der FC Bayern eine solche Bilanz wie 2020 aufweisen kann. Von 48 Pflichtspielen im vergangenen Jahr verlor er nur eines. Das ist eine solch außergewöhnlich gute Bilanz, dass eine Wiederholung kaum vorstellbar ist. Das Jahr 2021 wurde nur acht Tage alt, als es die Bayern zum ersten Mal erwischte. »So eine Niederlage gehört mal dazu, auch wenn es Bayern München ist«, reagierte Trainer Hansi Flick sehr milde auf das 2:3 bei Borussia Mönchengladbach.
Die Gelassenheit erstaunte vor allem, weil der Meister einen 2:0-Vorsprung verspielt hatte. Kann alles mal passieren, auch den Besten, so Flicks Botschaft.
Eine schwache Stunde nach einer guten halben Stunde, ein Gegner, der sich enorm steigerte und drei von vier Schüssen aufs Tor auch im Tor unterbrachte – auch das passiert halt mal. Bedenklich ist aber, dass die Bayern nun nach 15 Bundesligaspielen schon 24 Gegentore kassiert haben. Das sind so viele Gegentore wie der SC Freiburg, Hertha BSC und selbst Arminia Bielefeld mit je einem Spiel weniger aufzuweisen haben.
Torwart Manuel Neuer zeigte sich am Freitagabend im Borussia-Park nicht vor einem Mikrofon, das dürfte auch Selbstschutz gewesen sein.
Auf drei einfache Ballverluste führten seine Kollegen Thomas Müller und Leon Goretzka die Treffer des Gegners zurück. Goretzka kam in seiner Analyse dem Kern näher, als er hinzufügte: »Man kann sich aber auch so positionieren, dass diese Ballverluste nicht so verheerend enden.«
Mit Ansage
Der FC Bayern war in den vergangenen Monaten auch deshalb so erfolgreich, weil er mutig weit nach vorn rückte und Manuel Neuer hinter der Viererkette als Libero verteidigen ließ. Gladbachs Trainer Marco Rose hatte das erkannt, seine Taktik darauf ausgerichtet und sie vor dem Spiel sogar während der Pressekonferenz verraten. Ein schneller Steilpass in die Spitze nach Ballgewinn auf einen der schnellen Offensivspieler Jonas Hofmann und Breel Embolo. Nach diesem Konzept schoss Hofmann zwei Tore.
»Wir müssen da die Tiefe absichern«, klagte Flick und sprach damit vor allem Niklas Süle an. Der Nationalspieler war in die Innenverteidigung gerückt, weil Jérôme Boateng in der Woche zuvor gegen Mainz einen schwachen Tag erwischt hatte. Süle erwischte nun einen ganz schwachen. Beim ersten Gladbacher Tor war er zu langsam, beim zweiten wollte er Hofmann vergeblich ins Abseits stellen, beim dritten spielte er Hofmann den Ball ohne Not in den Fuß, der dadurch auch noch als Vorbereiter, in diesem Fall für Florian Neuhaus – auftrat.
Ein Abend zum Vergessen für Süle. Auch das kann mal passieren, ist auch zu reparieren, etwa mit einer Auswechslung. Boateng und Lucas Hernández saßen als Ersatz auf der Bank, da blieben sie allerdings auch. Flick wechselte nur ein Mal. Das ist ein Misstrauensvotum gegen die Ersatzspieler, auch wenn der Trainer das anders sehen wollte. Dass er mit Kingsley Coman für Douglas Costa lediglich einen Wechsel vorgenommen habe, sei »nur dem Spiel geschuldet« gewesen und habe »überhaupt nichts« mit der Qualität der Ersatzspieler zu tun gehabt.
Flick demonstriert Gelassenheit
Das Spiel hatten die Gladbacher nach 49 Minuten gedreht, und neben Süle und Costa gab es noch andere Kandidaten, etwa Benjamin Pavard und Leroy Sané, die mehr schlechte als gute Aktionen zeigten. Flicks Argumente wirkten vorgeschoben, die Realität zeigte, dass der FC Bayern in den kommenden, anstrengenden Wochen und Monaten auf einen relativ kleinen Kreis an Spielern zurückgreifen dürfte. Dabei sah gerade das Programm bis zur Klub-WM so aus, als könne Flick Punkte sammeln und die Belastung auf den gesamten Kader etwas gerechter verteilen. Nach dem Pokalspiel am Mittwoch bei Zweitligist Holstein Kiel stehen für die Bayern Partien gegen den SC Freiburg, beim FC Augsburg, beim FC Schalke, gegen die TSG Hoffenheim und bei Hertha BSC an.
Sollte der Meister die Serie in der Bundesliga mit nun zehn Spielen hintereinander mit mindestens einem Gegentor fortsetzen, drohen weitere Punktverluste. »Wir werden an dem Thema arbeiten«, sagte Flick, auch dabei wirkte er gelassen. Das Problem, dem Gegner zu viele gute Torchancen zu gewähren, besteht aber schon zu lange, um dem Trainer die Gelassenheit abzunehmen.
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