
Jürgen Klopp: Wenn er grinst, hat sein Team in der Regel gewonnen
Foto: Marton Monus / dpaKönnen sechs Heimspielpleiten in Serie in der Premier League spurlos am FC Liverpool vorbeiziehen?
Das war die große Frage vor dem Achtelfinal-Rückspiel gegen RB Leipzig in der Champions League. Die kurze Antwort lautet: In der Königsklasse scheint der FC Liverpool ein anderes Team zu sein. Aber es gibt auch eine längere Antwort, und in der 24. Minute sah es zumindest für einen Moment so aus, als hätten die Engländer zuletzt doch ein paar Rückschläge zu viel abbekommen.
Thiago hatte einen traumhaften langen Ball in die Spitze zu Mohamed Salah gespielt. Aber je länger der Ägypter marschierte, desto nervöser schien er zu werden. Die Leipziger Abwehr holte ihn ein, versperrte ihm den Weg und Salah scheiterte aus spitzem Winkel an RB-Keeper Péter Gulácsi. Danach vergab Sadio Mané im Nachsetzen auf kuriose Weise, er schien sich nicht entscheiden zu können, ob er den Ball mit dem Kopf oder Fuß auf das Tor bringen sollte. Er nahm den Kopf, er traf die falsche Entscheidung.
Diese eine Szene hätte auch eine Zusammenfassung der vergangenen Wochen sein können. Die Reds haben geniale Momente – und genauso schlechte. Sie erarbeiteten sich Chancen, aber treffen nicht. Tormaschinen wie Salah und Mané laufen ihrer Form hinterher. Manchmal fehlt ihnen das Glück, manchmal das Selbstvertrauen. Irgendwann schlägt der Gegner zu. »Liverpool 2021 ist, dass wir Riesendinger haben, die aber nicht nutzen«, sagte Jürgen Klopp nach dem Spiel bei Sky über die vielen vergebenen Chancen gegen Leipzig, besonders in der ersten Hälfte.
Aber Klopp sagte auch: »Wir haben weitergespielt.«
Man muss die Spiele des FC Liverpool eigentlich gar nicht sehen, um zu erfahren, wie die Partie ausgegangen ist. Es reicht meistens, Jürgen Klopp nach Abpfiff im Interview zu erleben. Zuletzt reagierte er oft bissig, es ist nicht seine größte Stärke, Niederlagen unmittelbar nach Abpfiff zu erklären. Aber an diesem Abend war Klopp sehr gut gelaunt. Der 53-Jährige brauchte diesmal nur sagen, dass sein Team ziemlich stark gewesen ist.
Nach 90 Minuten durfte man festhalten, dass die zuletzt sechs Niederlagen in Anfield an diesem Abend (erneut fand die Partie in Budapest statt) dann doch keine besonders große Rolle bei Liverpool gespielt hatten. In der 70. Minute brachte Salah die Reds in Führung, vier Minuten später traf Mané zum Endstand. Es war eine Kopie des Hinspiels, das die beiden Torjäger mit ihren Treffern auch schon entschieden hatten. Die Königsklasse, das ist ihr Wettbewerb, und Liverpool steht nach zwei 2:0-Siegen im Viertelfinale.

Thiago (links) beobachtet den Zweikampf zwischen Fabinho und Forsberg
Foto: Laszlo Balogh / APBesonders die Defensivleistung der Engländer war auch ohne die vielen verletzten Stammkräfte exzellent. Allen voran überragten Fabinho und Thiago. Der Brasilianer Fabinho hatte zuletzt mit muskulären Problemen gefehlt und danach nur langsam zurück in den Rhythmus gefunden. Wenn die schnellen Offensivspieler ausgeflogen waren, sorgte der 27-Jährige gegen Leipzig für die Balance in der Defensive. Er ist ein Spieler für das Gleichgewicht. Aber er braucht auch Unterstützer.
Fabinho fing gegen Leipzig die meisten Bälle ab, an seiner Seite gewann Thiago die meisten Tacklings. Thiago hatte nach seinem Wechsel vom FC Bayern mit vielen Problemen zu kämpfen, er infizierte sich mit Covid-19 und verletzte sich am Knie, er musste sich in einem neuen Umfeld zurechtfinden, in einer neuen Liga, in der Premier League wird er härter und schneller attackiert als in Deutschland. Hinzu kommt, dass bei Liverpool viele Aufbauspieler verletzt sind.
Thiago musste zuletzt eine Verantwortung schultern, für die er noch nicht bereit schien. Umso wichtiger ist die Rückkehr von Fabinho.
Thiago und Fabinho waren der Grundstein, sie zogen die Festung auf, die für das Weiterkommen entscheidend gewesen ist. Für den Tabellenzweiten der Bundesliga endet das Achtelfinale mit einer bitteren Erkenntnis: Leipzig war nicht in der Lage, auch nur ein einziges Tor in Hin- und Rückspiel zu erzielen. Gegen jenen Gegner, der in beiden Partien ohne seine drei besten Verteidiger Virgil van Dijk, Joe Gomez und Joel Matip auskommen musste.
Das spricht nicht für Leipzig. Vielleicht sollte man die beiden torlosen Spiele auch eher als Kompliment für die Liverpooler Mannschaft betrachten, die in der schwierigsten Phase des Klubs seit langer Zeit immer noch für große Aufgaben bereit ist. Wie eine Turniermannschaft, die da ist, wenn sie muss.
In der Premier League braucht das Team allerdings ein kleines Wunder, um noch auf einen Champions-League-Platz zu springen. Derzeit fehlen sieben Punkte auf den viertplatzierten FC Chelsea, der in Topform spielt. Die letzte Chance, auch im kommenden in der Königsklasse dabei zu sein, ist wohl die Champions League in diesem Jahr zu gewinnen. Es gibt einfachere Aufgaben, aber auch aussichtslosere.
Klopp will aktuell nicht Bundestrainer werden
»Wir haben uns keine Limits gesetzt«, sagte Klopp später. »Aber wir gehen auch nicht vollmundig aus dem Stadion, wir sagen nicht, wir hauen jetzt alle weg. Bei uns kommt kein Verletzter mehr zurück, das ist der Kader, das sind die Jungs, mit denen ziehen wir das durch.«
Klopp wirkte sehr bestimmt. Das war er auch schon am Tag vor dem Spiel, als er zur möglichen Nachfolge von Joachim Löw als Bundestrainer befragt worden war. »Ich habe einen Vertrag, und selbst wenn Liverpool mich hier rausschmeißt: Wenn meine Zeit hier rum ist, werde ich erst mal ein Jahr Pause machen«, sagte er bei Sky.
Rausschmiss von Klopp bei Liverpool – bis vor wenigen Monaten wäre das noch ein unvorstellbares Szenario gewesen, und nach diesem Abend gibt es für FC Liverpool auch keinen Grund, Jürgen Klopp vorschnell vor die Tür zu setzen. Noch ist er mit seiner Mannschaft im Turnier.
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