Fußballnationalspieler Toni Kroos hat in bislang nicht gekannter Deutlichkeit die WM-Vergabe an Katar kritisiert und Protestaktionen auch während des Turniers 2022 angeregt. Der Mittelfeldspieler von Real Madrid bezeichnete in seinem Podcast die Arbeitsbedingungen in Katar als »inakzeptabel«.
Die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie die medizinische Versorgung seien oft nicht gewährleistet. Die Arbeiter erführen eine »gewisse Gewalt«. Kroos kritisierte zudem die Homophobie in dem Emirat am Golf.
Einen Boykott des Turniers lehnt Kroos dennoch ab, dieser würde die Probleme »wohl nicht lösen«. »Ich glaube eher, dass es wichtig ist, auf die Probleme noch mal extrem aufmerksam zu machen, ja vielleicht auch im Vorfeld oder auch während so einem Turnier, sodass sich vielleicht daraus was verbessern kann«, sagte Kroos. Die Diskussion komme »eigentlich auch viel zu spät«, die Situation in dem Emirat sei bei der Vergabe ähnlich gewesen – nicht nur für die im Kontext der Fußball-WM beschäftigten Menschen, sondern für Gastarbeiter generell. Katar sei außerdem »kein Fußball-Land in dem Sinne«, wo es »logisch ist, dass es eine WM gibt«.
»Das halte ich für falsch«
Die WM-Vergabe an Katar im Jahr 2010 sieht er hingegen als grundsätzlichen Fehler. »Dass dieses Turnier dahin gegeben worden ist, das halte ich für falsch«, sagte der 31-Jährige in der neuesten Auflage des gemeinsamen Podcasts »Einfach mal Luppen« mit seinem Bruder Felix.
Zuletzt hatten die deutschen Fußballnationalspieler wie ihre Kollegen aus Norwegen, Dänemark, den Niederlanden und auch Belgien am Dienstagabend bei ihren WM-Qualifikationsspielen mit Protestaktionen die Einhaltung von Menschenrechten gefordert und damit auch die Bedingungen in Katar kritisiert.
In Deutschland gab es allerdings Kritik an dem T-Shirt-Protest der DFB-Elf. Diese wurde einerseits als zu vorsichtig und unkonkret bewertet, zudem sorgte ein begleitendes PR-Video für Unmut. Laut Verteidiger Robin Gosens planen die DFB-Spieler für die Partie am Mittwochabend gegen Nordmazedonien (20.45 Uhr, Liveticker SPIEGEL.de; TV: RTL) die dritte Aktion.
Kroos fehlt der DFB-Elf derzeit wegen einer Verletzung. Ob er im kommenden Jahr bei der WM überhaupt noch dabei sein wird, ist fraglich.
Katar steht seit Jahren in der Kritik
Katar steht international immer wieder wegen der Ausbeutung von Gastarbeitern in der Kritik. In den vergangenen Jahren hat es zudem immer wieder Recherchen von Medien und Menschenrechtsorganisationen gegeben, die von eklatanten Missständen berichteten. Arbeitern wurde demnach der Lohn nicht gezahlt, es wurden Pässe eingezogen, um sie an der Ausreise zu hindern. Unterkünfte und Arbeitsbedingungen waren prekär, dazu kam es zu Todesfällen. Angekündigte Reformen setzte Katar den Berichten zufolge bislang nur unzureichend um.
Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, Gyde Jensen, fordert weitergehendes Handeln auch bei der WM im Winter 2022. »Sportler und Verbände können die massive Öffentlichkeit, die weltweit durch eine Fußball-WM entsteht, auch nutzen, um die Aufmerksamkeit immer wieder auf Defizite in Menschenrechtsfragen zu lenken«, sagte die menschenrechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. »Spieler könnten sich im Vorfeld der WM mit Menschenrechtsorganisationen treffen, um sich über die Lage in Katar zu informieren. Oder noch besser, sie könnten öffentlich NGOs unterstützen, die sich für die Rechte von Gastarbeitern einsetzen.«
»Wer zu Menschenrechtsverletzungen schweigt, der handelt nicht etwa unpolitisch – so wie es der Sport für sich in Anspruch nimmt«, sagte Jensen der Nachrichtenagentur dpa. »Sondern der setzt durch sein Schweigen ein eindeutiges politisches Zeichen, indem er die Zustände stillschweigend hinnimmt.« Die DFB-Auswahl habe mit ihren Trikot-Aktionen in der WM-Qualifikation »das einzig Richtige getan«, sie habe nicht länger geschwiegen.
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