Die amerikanische Traton-Tochter Navistar präsentiert mit dem International S13 Antriebsstrang eine neue Diesel-Plattform für schwere US-Trucks. In Europa kommt die Technik schon in Scania-Lkw zum Einsatz. Die Details.
Ein weißes Blatt Papier vor einem internationalen Team von Ingenieuren mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Industrie – so skizziert der amerikanische Lkw-Bauer Navistar den Startpunkt zur Entwicklung des S13-Antriebsstrangs seiner Marke International. Mit einer Live-Schalte vom Las Vegas Motor Speedway hat die US-Tochter der Traton-Gruppe ihr neues Motor-Getriebe-Abgas-Paket präsentiert, verbunden natürlich mit einer großen Show. Dahinter steht die neue Konzern-Technik, die in Europa schon in den Scania-Lkw zum Einsatz kommt.
Das Traton-Baukastensystem ermöglichte laut Navistar eine effiziente, markenübergreifende Entwicklung und Produktion und ließ dennoch Raum für Modifikationen für den nordamerikanischen Markt. Die Verantwortlichen trommeln mit Wartungsfreundlichkeit, überlegener Wirtschaftlichkeit und herausragender Performance. CEO Mathias Carlbaum spricht gar vom effizientesten Antriebsstrang, den man je produziert habe. Er sei ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg des Herstellers zum emissionsfreien Transport. Wird die S13-Technik in einem schweren Lkw der LT-Serie mit aktualisiertem Aerodynamik-Paket installiert, soll der Verbrauch um bis zu 15 Prozent zurückgehen – im Vergleich zum Standard-LT-Hauber mit automatisiertem Eaton Endurant HD 12-Gang-Getriebe und der ersten Generation des International A26-Motors, der auf dem MAN D26-Reihensechszylinder basiert.
Die Technik im Detail
Mit seiner Strategie, auf Harnstoff zur Stickoxid-Umwandlung zu verzichten und stattdessen allein die Abgasrückführung zu fokussieren, ist Navistar in der Vergangenheit auf ganzer Linie gescheitert – jetzt ist die Kehrtwende perfekt. Der S13-Antriebsstrang ist nach dem SCR-only-Prinzip sogar mit zweistufiger Adblue-Einspritzung aufgebaut, kommt ohne EGR-Kühler und leitet unter normalen Bedingungen volle 100 Prozent des Abgases in Richtung Turbolader. Die Folge: ein vergleichsweise hoher Adblue-Einsatz, dafür aber auch ein Plus an Leistung und eine sauberere Verbrennung.
Zu den weiteren Zutaten des Reihensechszylinders mit 12,7 Litern Hubraum und zwei obenliegenden Nockenwellen zählt ein Turbo mit fixer Geometrie, der weniger komplex aufgebaut ist wie ein variabler Lader und so die Zuverlässigkeit erhöhen soll. Laufbuchsen, Ringe und Lager sorgen mit neuen Materialien und feineren Oberflächen für weniger Reibung. Dazu gesellt sich eine Einspritzung mit einem niedrigeren Druck von 1.800 bar und ein Verdichtungsverhältnis von 23:1. Für eine maximale, leider aber nicht weiter konkretisierte Motorbremsleistung ist eine neue Dekompressionsbremse zu haben.
Bis 520 PS und 2.510 Nm
Unter dem Strich herrscht der Fahrer über rund 375 bis 520 PS. Viel wichtiger aber noch: das maximale Drehmoment von umgerechnet circa 1.695 bis 2.510 Nm, das über die Bank schon ab 900 Umdrehungen pro Minute ansteht. Diese große Kraft aus dem Drehzahlkeller ermöglicht es dem neuen, automatisierten T14-Getriebe (die Scania G33-Box lässt grüßen) mit zwei Kriechgängen und Overdrive früh hochzuschalten und so Kraftstoff einzusparen. Im besten Fall natürlich in der Economy-Einstellung, wobei auch die Modi Performance und Performance+ mit entsprechend giftigeren Schaltstrategien sowie eine Manövrier- und Berganfahr-Hilfe verfügbar sind.
Zusätzlich zur neuen Antriebsstrang-Hardware, die im kürzlich erweiterten Werk in Huntsville im Bundesstaat Alabama vom Band laufen wird, rollt Navistar aber auch umfangreiche Service-Angebote aus. So können für Trucks mit der S13-Technik spezielle Wartungsverträge geordert werden, die OnCommand-Software-Plattform ist gar Serie. Mit ihr sind Anpassungen und Updates „over the air", also im laufenden Betrieb ohne Werkstattaufenthalt möglich. Außerdem kündigen sich nötige Service-Arbeiten und drohende Ausfälle vorab an, was dann gegen Aufpreis mit einem Service-Kommunikations-Tool maximal unkompliziert angegangen werden soll.
International LT mit neuem Look
Die Heimat dieser neuen Funktionen und natürlich des S13-Antriebsstrangs ist in der Breite der Fernverkehrs-Hauber International LT. Auch er präsentiert sich im Detail optimiert, beispielsweise mit dem eingangs schon erwähnten aktualisierten Aerodynamik-Paket. Das besteht aus neu gestalteten Abdeckungen für die Diesel- und Adblue-Tanks, windschnittigeren Schürzen und Radhausverkleidungen sowie einer Verlängerung des Kabinendachs in Richtung Trailer. Optisch modifiziert wurden auch der Stoßfänger vorn und der in Chrom eingefasste Kühlergrill.
Im Innenraum wiederum erwartet den Fahrer ab sofort ein hochklappbares Bett mit einer neuen, knapp 23 Zentimeter dicken Matratze. In Sachen Sicherheit und Fahrerassistenz rüstet Navistar den International LT dazu mit einem verbesserten Notbremssystem und einer elektronischen Parkbremse aus, die sich automatisch aktiviert, sollte der Fahrer das vergessen.
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