Die Schrumpfung Borussia Dortmunds – Seite 1
Wer spielte wie gegen wen?
Welches Spiel durften Sie auf keinen Fall verpassen?
Leipzig gegen Bayern. Im Gegensatz zu Dortmund kann RB zurzeit im Duell der zwei besten deutschen Mannschaften stets mithalten. Leipzig trat couragiert auf, wollte gewinnen. Die Bayern gerieten bisweilen unter Druck, verfügten über ungewöhnlich wenig Ballbesitz. Allerdings ballern die Leipziger mit Platzpatronen, der FCB hat 31 Tore mehr erzielt. Allein Leon Goretzka ist doppelt so gefährlich wie der komplette Leipziger Angriff, diesmal entschied er mit einem für ihn typischen harten und genauen Schuss das Spiel. Für diejenigen, die mit RB fiebern, muss es wirklich ärgerlich sein, dass ihr Club, wo doch alles so gut geplant ist, ausgerechnet auf derjenigen Position so schlecht besetzt ist, auf die es beim Fußball in erster Linie ankommt: das Runde ins Eckige zu befördern. Die Leipziger Schüsse auf das Tor der Bayern waren größtenteils schlimm.
Zu bestaunen war in Leipzig auch der Stil, der aktuell in Mode ist: leidenschaftlich körperbetont, Pressing und Pressschläge, viele Ballverluste und schnelle -rückeroberungen, alle immer am Rennen. Deutscher Kraftball, alle Akteure haben einen großen Hammer in der Hand. Wenn man Musik dazu auflegen müsste, wäre Rammstein erste Wahl.
Welches Spiel konnten Sie mit gutem Gewissen verpassen?
Wolfsburg gegen Köln. Die Wölfe sammeln verlässlich Punkte. Ihre Leistungen sind konstant und solide. Vielleicht ist das nicht das beste Zeichen, dass das in der Bundesliga zu Platz drei, am Ende vielleicht sogar Platz zwei genügt. Nach Champions League sieht es jedenfalls selten aus, was Wolfsburg darbietet. Und Köln ist das einzige Team aus der Abstiegszone (vom FC Schalke abgesehen, aber der spielt außer Konkurrenz), das am Wochenende nicht punktete. Nur noch die bessere Tordifferenz trennt Markus Gisdols Team von Platz siebzehn, der zur Qualifikation zur Zweiten Liga gereicht.
Wer stand im Blickpunkt?
Papa Haaland. Alf-Inge Haaland war vorige Woche als Handlungsreisender unterwegs. Er bot seinen Sohn Erling in Spanien und wohl auch England an, der berüchtigte Berater Mino Raiola war auch dabei. Provokativ ließen sie sich dort öffentlich ablichten, äußerten sich despektierlich über den BVB. Ein Affront gegen die Borussia, wo Haaland unter Vertrag steht. Die Experten Didi Hamann und Peter Neururer kommentierten diesen Versuch, Fakten für einen Vereinswechsel zu schaffen, empört. Andererseits, der BVB hat es unter Watzke, Zorc, Kehl und Sammer nicht geschafft, genügend gute Mitspieler für den angehenden Weltstar aus Norwegen zu finden. Sie haben zu viele geholt, die nur scheinbar Spitzenklasse sind. Oder setzen auf solche, die wie Marco Reus und Julian Brandt ihre Möglichkeiten nicht ausreizen. Und gute Trainer engagieren sie auch nicht. Also erhalten die Dortmunder nun eben die Botschaft, dass der Verein zu klein für Haaland geworden ist. Da ist der Profifußball brutal ehrlich. Die 1:2-Niederlage gegen Frankfurt, die das Aus im Rennen um die Champions-League-Plätze beinahe besiegelt, könnte daher über die Saison hinaus wirken. "Nicht die Champions League zu erreichen, wäre sportlich und finanziell eine Katastrophe", sagte Mats Hummels. Vielleicht wird man gerade Zeuge der Schrumpfung Borussia Dortmunds.
Eintracht Frankfurt dagegen darf in der nächsten Saison wohl zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der Champions League ran. Man darf sich auf eine tolle Atmosphäre freuen, der Sturm der Eurofighter vor zwei Jahren ist allen noch in guter Erinnerung. Wie nachhaltig das Upgrade für die Hessen ausfällt, ist allerdings fraglich. Der Sportdirektor Fredi Bobic will den Verein verlassen, vielleicht auch der Trainer Adi Hütter.
Wandel in den sechs besten Ligen – bloß Deutschland erstarrt
Worüber reden nach dem Spieltag alle?
Die Frage, ob Bayern jetzt immer Meister wird. Auch in dieser Saison zeigte der FCB Schwächen (Abwehr!), die Zukunft des Trainers ist ungewiss. Doch sieben Spieltage vor Schluss steht die erneute Titelverteidigung so gut wie fest. In der nächsten Saison könnte der FC Bayern das Jahrzehnt vollmachen. Man wüsste nicht, wer ihn daran hindern sollte. Leipzig macht es zurzeit am besten, übersieht im Management allerdings Wesentliches. Dortmund erfährt ein Downgrade. Und Leverkusen bleibt Leverkusen.
Auch andere Ligen leiden grundsätzlich unter ähnlichen Machtverhältnissen, doch in diesem Corona-Jahr nutzt die Konkurrenz ihre Chance. Juventus Turin wird in dieser Saison zum ersten Mal seit 2011 nicht Meister. In England wird keine Titelverteidigung stattfinden. In Spanien führt, der Niederlage in Sevilla zum Trotz, nach wie vor Atlético. Paris St. Germain verlor am Wochenende Spiel und Tabellenführung an den OSC Lille. Auch in Portugal wird wohl ein anderer Meister. Wandel und Wettbewerb in den sechs besten Ligen – bloß Deutschland erstarrt.
Was machten die Frauen?
Die Pokalfinalistinnen ausspielen. Der VfL Wolfsburg musste zuletzt Rückschläge einstecken. In der Champions League hatte er keine Chance gegen Chelsea, Deutsche Meisterin wird ziemlich sicher der FC Bayern. Doch es gibt ja noch den DFB-Pokal. Da warfen die Wölfinnen die Bayerinnen raus. 2:0 stand es am Ende, die Tore markierten Alexandra Popp und die Polin Ewa Pajor. Im Endspiel wartet die Elf von Eintracht Frankfurt (ehemals 1. FFC), die Freiburg 2:1 besiegte.
Was war sonst noch wichtig?
- Mitleid mit dem Pechvogel. Nico Schulz spielt keine gute Saison, hat einen schweren Stand in Dortmund. Nun sind ihm auch noch die Schicksalsgöttinnen nicht milde gestimmt. Seine Kopfballbogenlampe gegen Frankfurt war eines der kuriosesten Eigentore der letzten Jahre.
- Glück für die Hertha. Trotz schwachem Spiel erreichte sie ein 1:1 bei Union. Zwar ist sie durch den Hinspielsieg (3:1) Berliner Stadtmeister, aber nur im direkten Duell, nicht in der Tabelle.
- Der HSV fügte seiner never-ending story der epic fails eine neue Episode hinzu: Aus einer 3:0-Führung in Hannover wurde ein 3:3.
Was waren die Zitate des Wochenendes?
"Ich habe die Mannschaft immer in Schutz genommen. Aber für das Auftreten im Spiel gegen Eintracht Frankfurt kann ich das nicht mehr machen. Mich hat die Mannschaft maßlos enttäuscht."
Aki Watzke
"Es ist wahrscheinlich das wichtigste Spiel der letzten fünf bis zehn Jahre. Und dann diese Schamlosigkeit zu haben und kurz davor nach Barcelona und Madrid und anscheinend auch nach England zu reisen, da fehlt mir leidliches Verständnis."
Didi Hamann über die Europareise der Haaland-Entourage
"Was ich total schlecht finde, ist, wenn die Champions League von 32 auf 36 Teams aufgestockt wird und die vier Clubs kommen über einen Koeffizienten rein, der mit dem Abschneiden in der aktuellen Saison nichts zu tun hat."
Rudi Völler
"Es täte uns gut, wenn wir einen goalgetter hätten."
Julian Nagelsmann
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