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Urtopia Carbon E-Bike: Eleganter Stadtflitzer, mit Technik überfrachtet - RND

Eine neue Fahrradmarke, die ihre Bikes nur online vertreibt? Bei nicht wenigen Interessenten dürfte dieser Umstand Skepsis hervorrufen. Doch im Fall des in Hongkong ansässigen Start-ups Urtopia und ihrem Carbon-E-Bike handelt es sich um eine echte Firma und ein konkretes Pedelec, das wir ausgiebig testen konnten. Dabei beeindruckte der leichte Stadtflitzer mit guten Fahreigenschaften, schicken Ausstattungsdetails und smarten Techniklösungen. Letztere erlebten wir in der Praxis als allerdings nicht immer überzeugend.

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Urtopia sitzt zwar in China, doch es gibt eine gut gemachte Online-Seite speziell für deutsche Kunden, die viele Informationen, authentisch wirkende Kunden-Rezensionen und einen Konfigurator bietet. Wenige Mausklicks reichen, um den Bestellvorgang abzuschließen. In unserem Fall haben wir uns für ein Exemplar der Rahmengröße M mit Basisausstattung entschieden. Optionale Anbauteile wie Ständer oder Schutzbleche waren also keine dabei. Da die Räder in Holland lagern, erreicht das Wunschrad bereits nach wenigen Tagen den Kunden.

Bike macht eine soliden Eindruck

Ähnlich professionell wie der Internetauftritt wirkten Lieferung und Verpackung. Die dickwandige Kartonage und reichlich schützendes Verpackungsmaterial hinterlassen, wie das zu 90 Prozent vormontierte Bike, einen soliden Eindruck. Was beim Auspacken positiv auffällt: Das ohne Akku 13 Kilogramm leichte Rad lässt sich problemlos aus den Tiefen des Kartons heben. Die anschließende Montage von Vorderrad und Sattel gestaltet sich ein wenig fummelig, doch dank einer Bedienungsanleitung auf Deutsch und dem mitgelieferten Werkzeug werden selbst des Schraubens unkundige Nutzer ihr Carbon-Rad schnell fahrbereit bekommen. Allerdings muss man vor der ersten Tour noch die Urtopia-App aufs Smartphone laden, sich registrieren, Bike und Handy drahtlos verbinden sowie die neueste Firmware aufs Fahrrad aufspielen.

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Der Rahmen ist sauber verarbeitet, Schweißnähte und unsaubere Übergänge gibt es nicht, Kabel und Leitungen sind weitgehend innen verlegt. Rost wird hier nie ein Problem sein. Außerdem ist der Rahmen trotz eines im Unterrohr integrierten 360-Wh-Akkus schlank. Die tragende Konstruktion verzichtet auf ein durchgängiges Sitzrohr, denn dieses knickt auf halbem Weg als Sitzstrebe nach hinten ab. Das wirkt luftig und wie der Rest vom Fahrrad auch ein wenig extravagant. Ganz neu ist diese Lösung allerdings nicht. Unter anderem die deutsche Firma Urwahn hat sich mit einem ähnlich markanten Rahmenbau einen Namen gemacht.

Im Lenkervorbau ist ein schickes Display integriert. Normalerweise zeigt es Batteriestatus, Geschwindigkeit und Unterstützungsmodus an.

Im Lenkervorbau ist ein schickes Display integriert. Normalerweise zeigt es Batteriestatus, Geschwindigkeit und Unterstützungsmodus an.

Neben den ergonomischen Griffen befinden sich am aufgeräumten Lenker Vibrationsringe, die Hydraulik-Bremshebel sowie auf beiden Seiten kleine Bedieninseln, über die sich verblüffend viele Funktionen steuern lassen. Lenker und Vorbau formen dabei eine harmonische Einheit, in deren Zentrum ein Piktogramm-Display mit 24 x 24 Pixeln unter anderem über Geschwindigkeit, Akkustand und aktuelle Geschwindigkeit informiert. Sogar animierte Symbole werden dargestellt. Wechselt man etwa in den Antriebsmodus Turbo, steigt im Display eine Rakete mit akustischer Untermalung auf, was auch hinsichtlich Klangqualität an elektronische Spielzeuge aus den frühen 1980er-Jahren erinnert.

Sprachprobleme bei Wind

Doch das Bordsystem kann nicht nur Töne erzeugen, sondern auch darauf reagieren. Hat man per Druck auf die rechten Taster die Spracherkennung aktiviert, lassen sich mit dem Befehl „Licht an“ die integrierten LED-Leuchten vorne und hinten einschalten. In der Fahrradwelt ist eine integrierte Sprachsteuerung etwas Besonderes. Doch was smart klingt, arbeitet unbefriedigend. Im Stand pariert sie, doch sobald sich Wind-und Nebengeräusche hinzugesellen, ist die Akustikerkennung überfordert. Will man Licht, muss man also anhalten und gut zureden. Ein eigener Knopf für die Lichtaktivierung findet sich alternativ nur in der App.

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Super aufgeräumt präsentiert sich der Lenker. Neben den Griffen gibt es Vibrationsringe, daneben noch zwei Bedieneinheiten für die zahlreichen digitalen Funktionen. Das rechte Bedienfeld kann auch den FIngerabdruck scannen.

Super aufgeräumt präsentiert sich der Lenker. Neben den Griffen gibt es Vibrationsringe, daneben noch zwei Bedieneinheiten für die zahlreichen digitalen Funktionen. Das rechte Bedienfeld kann auch den FIngerabdruck scannen.

Eine andere nicht ganz überzeugende Funktion sind die über das Steuerkreuz aktivierbaren Blinker, die allerdings derart funzelig aus zwei Zusatzstrahlern im Rücklicht leuchten, dass man sich diese Funktion eigentlich schenken kann. In Deutschland sind sie an einspurigen Rädern ohnehin nicht gestattet. Das gilt auch für die Audiohupe, die per Druck auf den rechten Bedienknopf ertönt, mit ihrem synthetischen Klang allerdings das Reaktionsvermögen anderer Verkehrsteilnehmer unterfordert. Eine klassische Fahrradklingel muss also nachgerüstet werden. Der rechte Bedienknopf dient nicht nur zum Einschalten und als Hupe, sondern auch als Daumenabdruckscanner, über den sich der Nutzer mit seinem abgespeicherten Daumenprofil identifiziert. Wenn der Daumen angelernt ist, arbeitet diese Funktion einwandfrei.

Doch das Urtopia bietet noch einige andere Spielereien. Dank Smartphone-Konnektivität zeigt eine in die Urtopia-App integrierte Navigationssoftware Richtungshinweise im Lenkerdisplay an. Und wer wissen will, wie viel Reichweite im Akku steckt, kann den Füllstand in der App vor Fahrantritt auch aus der Ferne ablesen, da das Bike dank integrierter Mobilfunkkarte vernetzt ist. Theoretisch soll der Nutzer auf dem Smartphone auch über Diebstahlversuche informiert werden, was in unserem Fall allerdings nicht funktioniert hat. Immerhin ließ sich das Pedelec auch dank integriertem GPS-Modul per App lokalisieren.

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Agil-handlicher Stadtflitzer

Fahren kann man mit dem Carbon-Bike auch. Und das gar nicht mal schlecht. Mit breitem Lenker, schmalen Rädern und einem kraftvoll anschiebenden Motor ist es ein Stadtflitzer, der sich agil und handlich um Ecken scheuchen lässt und dabei flink aus Kurven rausbeschleunigt. Die Reifen haben Grip, die hydraulischen Tektro-Stopper packen souverän zu, wenngleich sie feiner dosierbar sein könnten. Ein wenig surrt der kleine Heckmotor unter Last, zudem knarzt es immer mal wieder aus der Sattelgegend – doch dank Riemenantrieb fährt sich das E-Bike ansonsten angenehm geräuscharm. Vor allem im urbanen Einsatz wird das viel Aufmerksamkeit erzeugende Urtopia seinem Namen gerecht. Im Turbomodus reichte die Akkukapazität der leicht herausnehmbaren Batterie für nicht ganz 40 Kilometer.

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Im Hinterrad steckt ein kompakter Nabenmotor. Der schiebt ordentlich an, Drehmomentwunder bleiben allerdings aus.

Im Hinterrad steckt ein kompakter Nabenmotor. Der schiebt ordentlich an, Drehmomentwunder bleiben allerdings aus.

Unter anderem aufgrund der Sitzhaltung weckte das Urtopia bei uns nicht die Lust auf längere Touren, denn obwohl die von uns gewählte Rahmengröße M für Personen bis 1,85 Meter empfohlen wird, war es uns bei maximal erhöhtem Sattel und 1,78 Meter Körperlänge nicht möglich, zum unteren Totpunkt hin die Beine voll auszustrecken. Angesichts des 250-Watt-Antreibers im Heck ist das nicht wirklich tragisch. Wer dennoch nicht so gerne dauerhaft mit angewinkelten Knien fahren will, sollte alternativ zur Größe L greifen.

Das Carbon E-Bike gibt es nur als leichtes und verschleißarmes Singlespeed. Auch hier ist der E-Antrieb ein relativierender Faktor, denn der Motor schiebt ja stets kräftig selbst an Steigungen an, weshalb man auf zusätzliche Gänge verzichten kann. Zudem reagiert der Drehmomentsensor mit reichlich Schub auf leichte Pedalimpulse, weshalb kraftlose und langsame Pedaltritte reichen, um 25 km/h schnell zu fahren. Dennoch hätten wir uns Alternativübersetzungen und ein natürlicher wirkendes Antriebsverhalten gewünscht.

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Dank des auffällig gestylten Carbonrahmens, Riemenantrieb, integriertem Licht, Konnektivitätstechnik und gleich mehreren netten Gadgets scheint das inklusive Lieferung 3300 Euro teure Urtopia fast ein Schnäppchen zu sein. Allerdings fehlen auch wichtige Anbauteile wie Schutzbleche, Gepäckträger oder Ständer. Einige Teile, etwa die Lenkergriffe oder die Pedale, wirkten zudem billig. Auch angesichts einiger erwähnter Detailschwächen reicht es deshalb nicht ganz dafür, das Urtopia als großen Wurf zu sehen, der es angesichts seiner Funktionsfülle und seinem speziellen Rahmen eigentlich sein könnte.

RND/SP-X

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